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Persönlicher Kommentar

Zufrieden

Es gibt zum Ende der großen Weihnachtserzählung des Evangelisten Lukas eine schöne Episode: Nach damaligem religiösem Brauch geht Maria nach 40 Tagen in den Tempel, um sich und das neugeborene Kind rituell zu „reinigen“. Simeon, ein alter frommer Mann und Hanna, eine ebenso alte fromme Frau halten sich dort auf. Als Simeon das Kind erblickt, erkennt er in ihm den lange erwarteten Messias. Der Schriftsteller Lukas hat diese Szene mit den beiden alten Leuten als Abschluss seiner großen Geschichte komponiert und so lässt er Hanna den Umstehenden erklären, dass von diesem Kind Großes zu erwarten ist. Simeon sagt: „Nun kann ich in Frieden sterben, denn meine Augen haben den gesehen, auf den wir warten.“ Da ist einer wirklich zufrieden. 

Eine Geschichte, in der etwas beginnt und anderes gut und friedlich endet. „Lebenssatt“ hieß es früher oft, sei jemand gestorben. Ein sehr schönes, aber leider unzeitgemäßes Wort. Wer kann das schon sagen, dass ihn das Leben gesättigt hat? 

Die Unzufriedenheit, der stetige Hunger nach mehr und dann nochmals mehr begleitet uns ständig. Regelmäßig zieht der Einzelhandel in Deutschland und wohl auch andernorts die Bilanz über das Weihnachtsgeschäft und stellt in aller Regel fest, dass es „enttäuschend“ verlaufen sei.  Kein Wunder: wir haben uns ein Wirtschaftssystem zugelegt, in dem die Zufriedenheit („ich habe alles, was ich brauche!“) als ärgster Feind der Wirtschaft gilt. Ebenso viel wie letztes Jahr ist da nicht gut, sondern eine große Enttäuschung…

Hanna und Simeon sind mir als Prophetin und Prophet der Zufriedenheit zu wichtigen Personen der Weihnachtsgeschichte geworden. Sie ans Ende der großen Erzählung zu setzen, kann als genialer Einfall des Schriftstellers Lukas gewertet werden. Zwei Menschen, denen es genügt, zu ahnen und zu wissen. Sie müssen das Große nicht selber erleben, vorantreiben oder gar besitzen. Sie sind mit ihrer Erkenntnis zufrieden: Es wird gut mit uns hinausgehen. 

Ich wünsche ein frohes Weihnachtsfest!

 

Autor/in:
Bernhard G. Suttner
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