Persönlicher Kommentar
Källenius und die Wand
Wer sehr alt ist, wird sich erinnern: „Gurtpflicht? Niemals! Das nimmt mir die Freiheit am Steuer!" Damals starben Jahr für Jahr rund 20 000 Menschen auf den Straßen. Trotzdem wollten in den 70er Jahren viele den Fortschritt verpassen. Die Gurtpflicht kam, reichlich spät, rettete dann aber viele Leben.
Wer nicht ganz so alt ist, wird sich erinnern: „Die Einführung des Abgaskatalysators und das bleifreie Benzin wird das Autofahren stark verteuern, die Motoren kaputt machen und die deutsche Autoindustrie schädigen." So sagten damals die Bosse der Autokonzerne im Chor mit vielen PS-Fans. Der Katalysator kam (reichlich verspätet), die Luft wurde etwas sauberer, und Blei verklebte nicht mehr die kindlichen Gehirne. Die deutsche Autoindustrie überlebte auch diesen ungeliebten Fortschritt.
Jetzt hat Mercedes-Chef Källenius wieder einmal den Untergang der deutschen Autoindustrie prophezeit. Der „Green-Deal" der EU sei schuld. Das Ende der Neuzulassung von Verbrenner-Autos ab 2035 (es ist gar kein Verbot, alte Verbrenner dürfen weiter fahren!) müsse aufgegeben werden. Auch die Strafzahlungen bei zu wenig Engagement eines Konzerns für die E-Mobilität will Källenius kippen. Und natürlich: Der Staat soll zuschießen, wenn jemand wirklich elektrisch fahren möchte. So kann man die Preise künstlich hoch halten (hihi!).
Hoffentlich gibt die EU nicht nach. Die Welt wird elektrisch, ob das den deutschen Autokonzernen nun passt oder nicht. Wie der Gurt und der Katalysator hat auch die Elektrifizierung der Mobilität einen einfachen Namen: Fortschritt. Wer nicht oder nur zögerlich mitmacht, steuert mit Vollgas an die Wand. Auch Herr Källenius erwartet einen Crash gegen die Mauer. Er meint aber das Gegenteil: Seiner Meinung nach geht die deutsche Autoindustrie ohne Verbrennerei gegen die Wand!
Es gibt eben sehr viele verschiedene Wände. Geschickte Fahrerinnen und Fahrer nutzen nicht nur Gaspedal, sondern auch Bremse und Lenkrad.
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