Zur Hauptnavigation springen Zum Hauptinhalt springen

Pressemitteilung

Volksbegehren Artenvielfalt: Umsetzung des Volksbegehrens am Scheideweg

Bayerns Artenvielfalt darf nicht aufgegeben werden - Naturschutz braucht verlässliche Finanzierung - Ziele relativieren löst keine Probleme

München/Hilpoltstein, 14.07.2025 – Seit sechs Jahren gilt in Bayern ein neues Naturschutzgesetz. Das am 17. Juli 2019 vom Bayerischen Landtag verabschiedete Volksbegehren Artenvielfalt – „Rettet die Bienen!“ ist eine wesentliche Grundlage für den Schutz der Natur im Freistaat. Es bildet aber auch eine Einkommensbasis für bayerische Landwirtinnen und Landwirte. Der Trägerkreis des Volksbegehrens, bestehend aus ÖDP, LBV, Bündnis 90/Die Grünen und der Gregor Louisoder Umweltstiftung (GLUS), hat auch in diesem Jahr Bilanz gezogen. Fazit: Damit die Biodiversität in Bayern wieder zunimmt, ist ein Dreiklang aus freiwilligen Maßnahmen, einer angemessenen Finanzierung und einem verbindlichen gesetzlichen Rahmen notwendig. Die großen Herausforderungen wie der Ausbau des Biotopverbundes und der Biolandwirtschaft sowie die Reduktion von Pestiziden können nur Hand in Hand mit Landwirtschaft und Politik gemeistert werden. Die Ziele als zu ambitioniert in Frage zu stellen, weil es anstrengend ist, den gesetzlichen Auftrag zu erfüllen, geht nicht und ist nur eine Scheinlösung. Der Trägerkreis fordert deshalb von der bayerischen Staatsregierung ein klares Bekenntnis zum Natur- und Artenschutz sowohl inhaltlich, aber auch finanziell sowie ein mutiges und vorausschauendes Handeln bei der Umsetzung der gesteckten Ziele.

Agnes Becker, Beauftragte des Volksbegehrens und ÖDP-Landesvorsitzende:
„Wir fordern von Landwirtschaftsministerin Kaniber jetzt einen Fünf-Punkte-Plan für die Biolandwirtschaft: Endlich eine verbindliche 30-Prozent-Bio-Quote für die Außer-Haus-Verpflegung, mindestens 30 Prozent der Forschungsgelder für den Ökolandbau, eine Verstetigung der Ökomodellregionen, eine Garantie der Gentechnikfreiheit Bayerns und mindestens 30 Prozent Bio auf staatlichen Landwirtschaftsflächen so wie es das Gesetz bereits seit 2020 einfordert. Das Zwischenziel, 20 Prozent Biolandwirtschaft bis Ende 2025, wird mit Sicherheit verfehlt. Wir haben jetzt noch fünf Jahre, um das Ruder herumzureißen und zumindest in die Nähe der gesetzlichen Zielvorgabe von 30 Prozent Biolandwirtschaft bis 2030 zu kommen.“

Die Kantine des Landwirtschaftsministeriums ist dabei zu loben, dort liegt der Anteil an Bio-Lebensmitteln bei über 50 Prozent. „Leider ist sie damit allein auf weiter Flur. Dabei könnte das auf alle öffentlichen Kantinen übertragen werden und würde innerhalb kurzer Zeit Planungssicherheit für bayerische Bauern schaffen. Wir sprechen hier immerhin über rund eine Million Essen pro Tag. Auch bei der Bewirtschaftung staatlicher Landwirtschaftsflächen muss endlich ein Umdenken her. Der Rückgang des Bio-Anteils ist hier völlig unverständlich, denn diese Flächen gehören uns allen“, so Becker weiter.

Dr. Norbert Schäffer, LBV-Vorsitzender: 
„Seit dem Volksbegehren hat sich die finanzielle und personelle Ausstattung im Naturschutz verbessert. Unsere Hochrechnungen ergeben, dass für Maßnahmen, die der Umsetzung des Volksbegehrens dienen, deutlich über 100 Millionen Euro mehr ausgegeben werden. Dabei kommen die Beratungsleistungen und die zusätzlich bereitgestellten finanziellen Mittel vor allem Landwirtinnen und Landwirten zugute. Die Förderung der Biodiversität ist für viele von ihnen ein finanzielles Standbein geworden. Lücken in der Naturschutzfinanzierung treffen daher nicht nur Naturschützerinnen und Naturschützer, sondern auch Landwirtinnen und Landwirte. Um die Ziele des Volksbegehrens überwiegend auf freiwilligem kooperativem Weg zu erreichen, ist eine langfristige und verlässliche Finanzierung zwingend erforderlich. Wir brauchen im kommenden Doppelhaushalt ein finanzielles Bekenntnis der bayerischen Staatsregierung zum Natur- und Artenschutz.“

Ludwig Hartmann, Vizepräsident des Bayerischen Landtags (Bündnis 90/Die Grünen):
„Zielvorgaben wie die 30-Prozent-Bio-Quote bis 2030 als zu ambitioniert abzutun, nur weil die Staatsregierung ihre Hausaufgaben nicht macht, ist bequem – aber fatal. Genau dieses Muster lässt sich derzeit vielerorts beobachten: Überall dort, wo Naturschutz unbequem wird, werden Ziele als utopisch, Umsetzungen als Bürokratiemonster und selbst verhältnismäßig geringe Mittel als unrealistisch dargestellt. So wird nicht nur verzögert, sondern die Umsetzung von Naturschutzzielen grundsätzlich infrage gestellt und blockiert.
Statt die EU-Wiederherstellungsverordnung pauschal abzulehnen, kann Bayern vorangehen und zeigen, dass sich mit der Umsetzung des Volksbegehrens viele Ziele der EU-Verordnung erreichen lassen. Naturschutz braucht Entschlossenheit und Weitsicht – genau das erwarten die vielen Menschen, die das erfolgreichste Volksbegehren Bayerns, ‚Rettet die Bienen!‘, getragen haben, jetzt von der Bayerischen Staatsregierung.“

Claus Obermeier, Vorstand der Gregor Louisoder Umweltstiftung (GLUS): 
„Mit der Annahme des Volksbegehrens hat die Bayerische Staatsregierung 2019 beschlossen, den Pestizideinsatz im Freistaat bis 2028 zu halbieren. Der Handlungsbedarf ist hier sehr hoch, Notfallzulassungen – wie aktuell für Insektizide gegen die Schilf-Glasflügelzikade – sind keine dauerhafte Lösung. Aktuelle medizinische und wissenschaftliche Bewertungen wie die Einstufung des ‘Parkinson-Syndroms durch Pestizide‘ als Berufskrankheit bei Landwirtinnen und Landwirten zeigen immer wieder nachdrücklich, dass die negativen Auswirkungen von Pestiziden auf Menschen, Arten, Ökosysteme und Gewässer dramatisch sind. Wir brauchen daher eine Landwirtschaft, die weniger abhängig von Pestiziden ist - Lösungsansätze gibt es viele, wie die Biolandwirtschaft täglich beweist.“

Prof. Roman Lenz, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen:
„Von den bewerteten Indikatoren sind fünf Indikatoren im grünen Bereich, zwei im gelben und vier im roten Bereich. Während die Datenlage bei einzelnen Indikatoren weiterhin mangelhaft ist, liefern die Angaben zur Finanzierung von Agrarumwelt-Maßnahmen zuverlässige Grundlagen. Hierbei ist festzustellen, dass bei Gewässern und Blühstreifen die Förderbeträge und -flächen in den letzten beiden Jahren rückläufig sind. Die zuständigen Behörden müssen die Ursachen für den Rückgang ermitteln und gegensteuern. Denn bei entsprechender Gestaltung können Agrarumweltmaßnahmen erwiesenermaßen einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Artenvielfalt leisten.“

Zurück