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Pressemitteilung

Kritik am Vertrag von Lissabon

Der pensionierte Richter des Landgerichts Regensburg Hermann Striedl hielt Vortrag über die Europäische Union "EU-Wahlen sind von großer Bedeutung, aber noch mehr der Reformvertrag von Lissabon"

Striedl ist einer der Kläger gegen den EU-Reformvertrag; er bekannte sich zu einem vereinten Europa, erläuterte aber, warum er Kritik an der Europäischen Union (EU) und am EU-Reformvertrag übt.

 

 

Striedl wörtlich: "Wir, die Kritiker des EU-Reformvertrages, befürworten ein Bündnis souveräner Staaten, um gemeinsam übergreifende europäische Probleme, zum Beispiel auf dem Gebiet der Sicherheit und der Umwelt, der Wirtschaft und der Besteuerung zu lösen. Wir wenden uns aber dagegen, dass die EU-Länder ihre Hoheitsrechte auf einen Superstaat EU übertragen, der diktatorisch über die Geschicke der einzelnen EU-Länder entscheidet." Er forderte, dass das Bündnis souveräner EU-Staaten nur dort eingreift, wo ein einheitliches Vorgehen im Interesse der Bürger erforderlich sei.

 

Striedl kritisierte außerdem, dass sich die EU zu einer globalen Wirtschaftsmacht entwickelt. Die EU sei in erster Linie auf die Interessen der Konzerne und des Großkapitals ausgerichtet. Um deren neoliberalen Interessen an einem freien Markt ohne staatliche Kontrolle zu dienen, würden diesem Ziel alle anderen Bedingungen eines demokratischen, sozialen Rechtsstaats, wie ihn das deutsche Grundgesetz vorsieht, untergeordnet.

 

Er appellierte anschließend an die Zuhörer, sich an der Europawahl am 7. Juni zu beteiligen: "Die EU-Wahlen sind von großer Bedeutung. Nur wenn viele Bürger an die Wahlurne gingen, können sie sich gezielt durch ihre Stimmabgabe für eine demokratischere EU einsetzen. Die EU-Gesetzgebung gehört nicht in die Hände der Verwaltung, wie sie es bis dato ist und noch mehr durch den Reformvertrag weden soll.

 

Die Ökologisch-Demokratische Partei, Der Verein "Mehr Demokratie", Verfassungsrechtler wie Altbundespräsident Roman Herzog und viele andere streiten für ein vereintes Europa, für ein Bündnis souveräner Staaten.

 

Folgende Punkte werden im Einzelnen von der ÖDP angemahnt:

 

 

1. Der Vertrag von Lissabon wirkt wie eine Verfassung für Europa. Trotzdem wird darüber nicht vom Volk abgestimmt, wie es für eine Verfassung nötig wäre.

Übrigens: Eine lesbare Form des Vertrags stand in ganz Europa nicht zur Verfügung, als der Bundestag und der Bundesrat darüber abstimmten.

 

 

2. Der Vertrag sieht keine Gewaltenteilung vor, obwohl sie das Fundament jeder Demokratie ist. Denn die EU-Kommission hat das alleinige Recht, Gesetze und Verordnungen zu formulieren. Sie ist außerdem das Ausführende Organ ("Regierung") und die erste Instanz in einigen Bereichen der Rechtsprechung. Sie wird nicht gewählt und ist in allen Fachbereichen außer der reinen Verwaltung auf die Zuarbeit von Wirtschaftsverbänden angewiesen.

 

 

3. Das EU-Parlament kann bei der Außen- und Verteidigungspolitik und bei grundsätzlichen Fragen der Wirtschaft nicht mitbestimmen. In keinem Bereich darf es Entwürfe für Gesetze und Richtlinien einbringen. Es darf lediglich zusammen mit dem (Minister-) Rat über die Entwürfe abstimmen.

 

 

4. EU Verordnungen und Gesetze stehen über dem deutschen Grundgesetz.

 

 

5. Heute sind etwa 80% aller neuen deutschen Gesetze lediglich die Umsetzung von EU-Vorgaben in nationales Recht. Diese Vorgaben erstrecken sich praktisch auf alle Bereiche des täglichen Lebens.

 

 

6. Zur "Konfliktverhütung" und "Krisenbewältigung" erlaubt der Vertrag von Lissabon sogar Angriffskriege. Auch zur "Wahrung der Werte der Union und im Dienste ihrer Interessen", z.B. zur Sicherung von Ölquellen, kann eine militärische "Mission" durchgeführt werden. Der EU-Ministerrat entscheidet hinter verschlossenen Türen über Kriegseinsätze und militärische Aufrüstung. Kein Parlament, weder das der EU, noch der Bundestag, können diese Entscheidungen ändern.

 

 

7. Bei solchen Einsätzen soll die militärische und politische Leitung (auch für die Bundeswehr!) künftig ein Komitee der EU übernehmen, das nicht demokratisch gewählt ist. Das EU-Parlament muss über Kampfeinsätze nur sporadisch unterrichtet werden.

 

 

8. Die Außen- und Sicherheitspolitik kann von keinem Gericht überprüft werden.

 

 

9. Der "Hohe Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik" ist für beide Bereiche zuständig. Damit werden Militärinterventionen in aller Welt zum Mittel der Außenpolitik.

 

 

10. Tötungen zur "rechtmäßigen" Niederschlagung eines Aufruhrs sind erlaubt. Damit werden Aktionen wie das brutale Eingreifen der chinesischen Regierung am Platz des Himmlischen Friedens und in Tibet auch in Europa möglich. Nach dem Vertrag von Lissabon hätten die friedliche Demonstrationen von 1989 in einem Blutbad geendet. Im Krieg und bei unmittelbarer Kriegsgefahr ist die Todesstrafe prinzipiell wieder möglich.

 

 

11. Freier Waren- und Kapitalverkehr stehen über sozialen Menschenrechten. Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der sozialen Sicherheit können nur durchgeführt werden, wenn sie die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft nicht beeinträchtigen.

 

 

12. Bei den Wahlen zum EU-Parlament zählt eine Stimme in Luxemburg 16 Mal so viel wie eine Stimme in Deutschland.

 

 

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